»Wenn man alle Zutaten versteht, ist es meistens gutes Futter«

25. März 2024 — von Birka Kallenbach  

Hunderte Futter, aber welches nehme ich? Was ist eigentlich gutes Hundefutter, wie viel braucht mein Hund davon und woran erkenne ich, ob sein Gewicht gut ist? Wir haben eine Expertin gefragt.

Tierärztin Vicky Simon hat ihre Praxis in Taunton, im Süden Englands. Nachdem sie einige Jahre in Praxen behandelt und operiert hat, fokussiert sie sich heute auf ganzheitliche Medizin – Phytotherapie, Akupunktur und Ernährungsberatung.

Wenn ich mich als Erst- und Neuhundebesitzer*in frage, was ich meinem Hund füttern soll, und vor einem endlos langen Regal im Laden stehe – was rätst du mir?

Ich habe da 3 Faustregeln, die ziemlich einfach sind. Erstens, kaufe nur ein Produkt, bei dem du alle Zutaten verstehst, die drauf stehen. Sobald du etwas nicht kennst oder verstehst, nicht kaufen. Und das bedeutet wirklich verstehen – zum Beispiel tierische Derivate – die Wörter versteht man vielleicht, aber man weiß nicht genau, was es ist. Also lieber nicht.
Zweitens, wenn du es im Fernsehen gesehen hast, ist es wahrscheinlich kein besonders gutes Futter. Das hat auch mit der ersten Regel zu tun, denn diese Firmen haben häufig (nicht immer) viele Füllstoffe und Co in ihrem Futter. Und drittens: Wenn es klingt, als könntest du es selbst essen, ist das ein gutes Zeichen.

… selbst essen? Das Gefühl habe ich nicht bei Hundefutter!

(lacht) du musst es ja nicht wirklich essen. Aber wenn da drauf steht … zum Beispiel Rind, Kartoffeln und Möhren oder sowas. Dann könnte das ja auch ein Eintopf für Menschen sein, weil es eine gute Mischung ist. Das ist eben ein ganz gutes Zeichen.

Verstehe. Und wenn ich einen Welpen habe, muss ich auf etwas besonderes achten?

Im Welpenalter ist es tatsächlich besonders wichtig, gutes Futter zu haben und dadurch eine ausgewogene Ernährung zu gewährleisten. Und je nach Größe des Welpen sollte das Futter, zum Beispiel beim Barfen, in kleineren Stückchen sein. Für viele Neuhundebesitzer*innen auch nicht klar: Die Menge Futter, die auf der Verpackung angegeben ist, bezieht sich auf alles, was an dem Tag gefressen wird. Also, wenn dort zum Beispiel 200 Gramm steht, du aber noch 50 Gramm über den Tag verteilt an Leckerli gibst, müsstest du das abziehen. Das ist der wichtigste Tipp, den ich Ersthundebesitzer*innen immer gebe.

Wenn ich jetzt das richtige Futter gefunden habe und die Inhaltsstoffe verstehe – wann sollte ich den Tierarzt auf das Futter ansprechen oder woran merke ich, dass ich vielleicht etwas ändern muss?

Was unterschätzt wird: Egal, womit der Hund zum Tierarzt kommt, sei es ein Problem mit Durchfall oder Erbrechen, Arthrose, Leber oder Niere – IMMER auch über das Futter sprechen! Die Erklärung ist einfach: Wenn man das Problem behandelt, aber die Ursache im Futter liegt, kommt es wieder – und das will man ja verhindern. Und im Zweifelsfall, wenn man sich unsicher ist, einfach einmal zur Ernährungsberatung gehen. Ähnlich ist es übrigens mit dem Gewicht. Da empfehle ich auch, den*die Tierärzt*in einfach beim Besuch einmal zu fragen, wie das Tier im Moment aussieht. Hat es ein gutes Gewicht? Ist es im oberen oder im unteren Normalbereich?

Was mache ich dann mit der Information? Wenn der Tierarzt nichts sagt, heißt das doch, dass alles gut ist, oder?

An sich ist es das meistens, ja. Aber wenn du weißt, wie dein Hund aussieht und sich anfühlt, wenn er Normalgewicht hat, dann merkst du eben auch schneller, wenn sich das ändert. Heißt: Wenn deine Tierärztin dir sagt, so ist der Hund optimal vom Gewicht her, kannst du ihn bewusst streicheln, kraulen, »abtasten« sozusagen. Wenn du das wirklich achtsam machst, kannst du dir einprägen, dass das, was du fühlst, gut ist. Und wenn du das häufig machst, dieses bewusste hinfühlen, merkst du auch, wenn sich etwas ändert – wenn der Hund zu- oder abnimmt, und kannst entsprechend füttern.

Du würdest also sagen, dass man dem Hund gar nicht immer die gleiche Menge Futter gibt, sondern das wechselt?

Ja, total. Wenn ihr zum Beispiel Wanderurlaub mit dem Hund macht, und er sich viel bewegt, kann er schon mal ein bisschen mehr bekommen, wenn er ein gutes Gewicht hat. Andersrum: In Zeiten von wenig Bewegung könnt ihr auch etwas weniger geben.

Wann ist denn der Zeitpunkt, wenn du Hundebesitzer*innen empfiehlst, die Tiere zusätzlich pflanzlich zu unterstützen?

Bei einem komplett durchschnittlichen Hund, der keine Probleme mitbringt, rate ich immer so um das achte Lebensjahr herum dazu, mit Futterergänzung für die Gelenke zu beginnen. Pflanzliche Ergänzung ist da super, weil sie viel für die Gelenke leisten kann und auch dauerhaft dazu gegeben werden kann. Auch Omega-3-Fettsäuren finde ich sehr wertvoll, besonders wenn der Hund verarbeitetes Futter bekommt. Denn oftmals sind in diesem Futter nicht ausreichend hochwertige Fette enthalten.

Infobox: So »fühlst« du das Gewicht deines Hundes

Das Optimalgewicht eines Hundes sieht je nach Rasse und Hund unterschiedlich aus – Vicky beschreibt, wie du trotzdem fühlen kannst, ob dein Hund ein gutes Gewicht hat

  • Man sollte die Rippen fühlen, aber nicht sehen können die Rippen sollten bedeckt sein, aber nicht mit einer „wabbeligen” Schicht.
  • Der Hund sollte eine Taille hinter dem Brustkorb haben, unter der Hüfte, also am Bauch, geht es normalerweise etwas nach innen.
  • Weder Beckenknochen noch Wirbelsäule sollten deutlich sichtbar sein sondern bedeckt.

*Das gilt für viele „durchschnittliche” Hunderassen, sind aber nur Richtlinien. Am besten du fragst deine*n Tierärzt*in, wie das Optimalgewicht ist und streichelst den Hund dann sehr bewusst an diesen Stellen, um dir dieses Gefühl einzuprägen.