Steinzeit? Nicht ganz! Aber egal ob Struvit-, Kalziumoxalat-, Urat- oder Cystinsteine, all diese Harnsteine sind ein häufiges Leiden bei tierischen Patienten mit Harnwegserkrankungen. Wusstet ihr, dass Katzen und Hunde gleichermaßen betroffen sein können? Wir geben euch einen Einblick in Entstehung, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Struvitsteinen.
Was sind Struvitsteine überhaupt?
Harnsteine sind Konkremente, die durch Ausfällung von mineralischen Bestandteilen im Rahmen einer Urolithiasis in den Harnwegen unserer Tiere auftreten können. Struvitsteine sind eine Art der Harnsteine und bestehen vor allem aus Magnesium-Ammonium-Phosphat. Im Harn zeigen sich Struvitsteine farblos und scharfkantig, überwiegend in der Form eines Sargdeckels. Verrückt oder? Eines haben aber alle gemeinsam: Sie bringen unsere Fellnasen in eine wirklich verzwickte Lage.
Wie entstehen Struvitsteine?
Zur Bildung von Harnsteinen können verschiedene Faktoren beitragen. Die Struvitsteine können in Verbindung mit Harnwegsinfektionen auftreten. Durch die Bakterien, die das Enzym Urease besitzen, wird der im Urin enthaltene Harnstoff in Ammoniak und Kohlendioxid gespalten. Es kommt zu einer Steigerung des pH-Wertes des Urins, aufgrund der erhöhten Konzentration von Bikarbonat und Ammonium. Die Alkalisierung des Urins kann eine Ausfällung der Mineralstoffe, wie Magnesium, Ammonium und Phosphat bewirken. Folglich spielt eine Veränderung des pH-Werts des Harns eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Struvitsteinen. Aber auch Faktoren wie eine erhöhte Konzentration von Magnesium, Ammonium und Phosphat im Urin sowie eine unzureichende Wasseraufnahme können eine Rolle spielen. Insgesamt kann die Harnsteinbildung zeitnah eintreten und zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass Bakterien eingeschlossen und innerhalb der Steine persistieren können.
pH-Wert
Der pH-Wert des Urins gibt an, wie sauer beziehungsweise basisch der Urin ist. Genauer beschreibt der pH-Wert die Wasserstoffionenkonzentration in einer Flüssigkeit. Der pH-Wert ist entscheidend für die Inhibition oder Aktivierung der Kristallisation. Ein alkalischer pH-Wert, größer als 7 bis 7,5, beeinflusst die Ausfällung von Struvit- und Kalzium-Apatitkristallen. Damit begünstigt ein alkalischer pH-Wert die Bildung dieser Steine. Ein saurer Urin mit einem pH-Wert von 5,5 bis 6 kann die Ausfällung von Kalziumoxalat-, Cystin- und Uratkristallen fördern.
Der pH-Wert kann mithilfe eines pH-Sticks gemessen oder rechnerisch über das Kationen-Anionen-Verhältnis bestimmt werden. Bei gesunden Katzen und Hunden sollte der pH-Wert ungefähr bei 6,5 liegen. Dabei sind die Ermittlungszeiten abhängig von der Fütterung der Patienten zu beachten. Nach der Fütterung wird der Harn alkalisch und bei längerer Obstruktion befindet sich der pH-Wert eher im sauren Bereich.
Risikofaktoren – wer ist betroffen?
- Prädisponierte Rassen
- Adipositas
- Fütterung – ausschließlich Trockenfutter
- Alter
- Geschlecht
- Harnwegsinfektionen
- Stoffwechselstörungen
- Ungenügendes Trinkverhalten
Es gibt bestimmte Faktoren, die das Risiko einer Struvitsteinbildung bei Kleintieren erhöhen können. Bei Katzen gibt es prädisponierende Rassen, wie beispielsweise die Perserkatzen, die aufgrund ihrer veränderten Harnzusammensetzung anfälliger für Struvitsteine sind. Bei Hunden sind unter anderem Zwergschnauzer, Dackel und Retriever häufig betroffen. Ebenfalls spielen Adipositas, Bewegungsmangel sowie eine ausschließliche Trockenfutter-Fütterung bei ungenügender Wasseraufnahme eine Rolle bei der Entstehung von Harnsteinen. Außerdem können bestimmte Grunderkrankungen wie Harnwegsinfektionen oder Stoffwechselstörungen das Risiko einer Struvitsteinbildung erhöhen.
Symptome
- Polyurie
- Dysurie
- Hämaturie
- Inkontinenz
- Verhaltensänderung
Den Stein ins Rollen bringen
Die Behandlung von Struvitsteinen zielt darauf ab, die Steine aufzulösen und die Neubildung zu verhindern. Die erste Methode zur Auflösung von Struvitsteinen sind diätetische Maßnahmen. Dabei werden spezielle Diätfuttermittel oder Zusätze verwendet, die den pH-Wert des Harns senken und den Gehalt an Magnesium, Ammonium und Phosphat reduzieren. Es wird ein pH-Wert von 6,0 bis 6,5 zur Therapie angestrebt, dadurch kann die Auflösung der Steine begünstigt werden. Zusätzlich ist es von Bedeutung, dem Tier ausreichend frisches Wasser zur Verfügung zu stellen, um die Harnkonzentration zu verdünnen und die Harnwege zu spülen. Nicht in allen Fällen sind diätetische Maßnahmen zur Behandlung von Harnsteinen ausreichend. In diesen Fällen sind chirurgische Eingriffe nötig, um die Steine zu entfernen. Die Art der Behandlung ist abhängig von der Zusammensetzung, Größe, Lage sowie ausgelösten Symptomen durch die Harnsteine.
Prophylaxe
Auch zur Vorbeugung von Struvitsteinen kann einiges getan werden: Eine ausgewogene Ernährung, die auf die individuellen Bedürfnisse des Tieres abgestimmt ist, kann dazu beitragen, die Harnzusammensetzung zu optimieren und damit die Bildung von Struvitsteinen zu verhindern. Die Diätetik bei Hunden und Katzen kann prophylaktisch und therapeutisch angewendet werden. Ziel der diätetischen Maßnahmen ist die pH-Wert-Senkung und die Reduktion der Zufuhr von steinbildenden Substanzen, wie beispielsweise Magnesium, Kalzium und Phosphat zu erreichen. Während der Prophylaxe von Struvitsteinen ist ein pH-Wert von 6,6 bis 6,8 anzustreben. Wichtig sind hochwertige Nassfutter Optionen, die einen höheren Wassergehalt, im Vergleich zu Trockenfutter, aufweisen und zur ausreichenden Flüssigkeitszufuhr beitragen können. Die Bereitstellung von frischem, sauberem Wasser ist ebenfalls von großer Bedeutung. Zudem soll die Löslichkeit der renal ausgeschiedenen Stoffe durch einen hohen Harnfluss, einen optimalen pH-Wert und einen Lösungsvermittler, oder Inhibitor der Konkrementbildung verbessert werden. Zusätzlich können unnötig hohe Gehalte an alkalisierenden Inhaltsstoffen in Futtermitteln vermieden werden.
Die gezielte Ansäuerung des Harns, wie zum Beispiel durch die Aminosäure Methionin, kann der Entstehung von Struvitsteinen vorbeugen und sogar teilweise zu einer Auflösung der Steine führen. Bei einer ausreichenden Aufnahme der schwefelhaltigen Aminosäure wird Sulfat gebildet, das renal ausgeschieden wird. Durch die Protonenbildung und -sezernierung in den Harn kommt es zur Senkung des pH-Wertes. Außerdem vermindert Methionin die Anheftung von Bakterien an die Urothelzellen. Wenn euch das nächste Mal ein Patienten mit Struvitsteinen in der Praxis begegnet, kann sich die Behandlung, je nach Größe des Harnsteins, unterscheiden. Durch die Ansäuerung des Harns können kleine Steine bereits aufgelöst werden, ist dies nicht möglich, besteht die Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffs mit nachfolgender Prophylaxe der Neubildung von Struvitsteinen. Eine Senkung des pH-Wertes, ob zur Therapie oder Metaphylaxe von Struvitsteinen, sind von großer Bedeutung.
30. Juni 2024 – von Linn Masch