Vom Schäferhund zum Petfluencer — Rasta erobert das Internet

14. Juni 2019 — von Carl Sieber

Als vor einigen Jahren ein kleines weißes Schäferhund-Bündel in den Armen der preisgekrönten Fotografin Sylvia Michel landete, ahnten beide noch nichts von seinen Model-Qualitäten. Mittlerweile ist »Rasta«, so heißt das Bündel, einer der beliebtesten, tierischen »Petfluencer« der Schweiz. Im Interview erzählt uns Sylvia Michel die Geschichte.

Du hattest viele Berufe, warst Radiomoderatorin und bist als Fotografin preisgekrönt, war die Kamera schon immer Deine Leidenschaft oder hast Du erst im Laufe der Zeit zu ihr gefunden?

S. M.: Als Teenager habe ich viel fotografiert, damals noch mit diesen Filmen, die man entwickeln ließ. Ich habe in meinem Leben mehrere Berufe ausgeübt, in denen die Kamera keinen oder nur einen sehr kleinen Platz hatte. Erst als ich angefangen habe als DJane auf Hochzeitsfeiern aufzulegen, trat die Kamera wieder in mein Leben. Da mir oft langweilig war, bevor die Gäste eintrafen, habe ich begonnen zu fotografieren und dabei bemerkt, dass mir das immer noch jede Menge Spaß macht. Mir wurde klar wie viel Leidenschaft dahintersteckt, so hat es wieder angefangen.

Dann hat sich aus Deinem Hobby ein Beruf entwickelt?

S. M.: Ja. Ich hatte das Gefühl, ein wenig Talent zu haben, aber das Gefühl haben vermutlich viele. Doch ich habe daran gedacht, es so richtig beruflich umzusetzen. Zuerst habe ich das bei den Hochzeiten dazu genommen, also Fotografie und Musik. Daraus entwickelte sich dann die Landschaftsfotografie. So kam ein Baustein zum Anderen und heute lebe ich davon.

War die Landschaftsfotografie schon bald ein wichtiger Bestandteil Deiner Arbeit?

S. M.: Das hat sich sehr schnell ergeben. Ich habe mich 2014 selbstständig gemacht und mir gesagt: Ich weiß, dass ich sehr viel vor dem Computer sitze und ich brauche jemanden, oder etwas, das mich vom Computer auch wieder wegholt. So kam ich zu »Rasta«. Mit dem Hund geht man natürlich nach draußen und auch da war die Kamera immer dabei. Ich finde, Landschaftsbilder sind schön, aber der Hund macht sie noch schöner. Das funktioniert ganz gut. »Rasta« zählt mittlerweile zu den bekanntesten Petfluencern (die tierische Form von Influencern = »Beeinflusser« auf Social Media Plattformen) in der Schweiz.

Wie hast Du »Rasta« kennengelernt?

S. M.: Das war keine Internetbekanntschaft (lacht). Ich habe ihn als Baby vom Züchter geholt. Erst habe ich mir ein paar Züchter angeguckt und so mit einem sehr skurrilen Züchter Bekanntschaft geschlossen, aber bei ihm hatte ich ein gutes Gefühl. Er hat einen »guten Draht« zu seinen Hunden, die einen prima Eindruck auf mich gemacht haben. So kam der »Rasta« klein wie ein Hamster zu mir und ist jetzt ein richtig großer Hund (lacht). Die sind ja so klein, wenn sie auf die Welt kommen und wachsen sehr schnell. Schon nach einem halben Jahr war er groß. Das checkst du gar nicht, weil du jeden Tag mit dem Tier unterwegs bist, aber anhand der Fotos sieht man, wie schnell das geht. Es ist schon krass, wie aus einem Knäuel, der so groß war wie heute sein Kopf, ein erwachsener Hund wird.

Kannte »Rasta« die Kamera schon aus seiner Zeit als Welpe?

S. M.: Ja, das war zur selben Zeit, als ich mit der Fotografie wieder intensiver begann. Er war ja immer dabei und ich habe ihn mehr so aus Spaß geknipst und mir gesagt, ja komm, dann weiß ich, was wir da zusammen erlebt haben, sehe, wie er aufgewachsen ist. Manchmal sind die Ohren zu groß und manchmal die Pfoten. Das war schon lustig, es so zu dokumentieren. »Rasta« kannte das schon von klein auf und hatte von Anfang an sehr viel Spaß daran. Sobald es um Fotos ging, war das für ihn mit sehr viel Freude verbunden.

Also brauchte er keine Eingewöhnungszeit?

S. M.: Nö, das war für ihn normal, denn die Mama ist die Frau mit diesem großen schwarzen Apparat. Für ihn gehört das einfach dazu. »Rasta« weiß auch ganz genau, wenn ich die Kamera so und so halte, dann wirft er sich gleich in Pose. Er ist wie ein kleines Model: »Ja, sie ist so weit, dann mach ich mal«. Das ist wirklich spannend.

Das ist ja super, man sieht an den Fotos sofort, wie viel Spaß er daran hat.

S. M.: Ja, es gibt andere Hunde, die direkt flüchten, wenn jemand mit einer Kamera kommt, aber er hat daran Spaß.

Sehr cool. Was mir an den Bildern besonders auffällt sind die Action-Bilder, in denen »Rasta« durch die Luft springt. Wie kommen die zustande?

S. M.: Bis ein Bild echt cool ist, muss man fast 500 Aufnahmen machen. Der springt halt einfach und schnappt nach Schnee oder Blättern. Da ist es schon Glückssache, ob man ein Foto bekommt, das richtig schön dynamisch ausschaut.

Tierfotografie ist wirklich nicht leicht. Was macht denn in Deinen Augen ein gutes Tierfoto aus?

S. M.: Man sollte sehen, dass das Tier Freude daran hat, dass es ein glückliches Tier ist. Das sieht man an seinen Augen, an seinem Gesichtsausdruck, er ist aufgeweckt. Mir gefallen auch die Fotos mit schönen Licht- und Naturstimmungen etc.

Du hast es bereits erwähnt, Ihr seid riesige Instagram-Stars.

S. M.: Also »Rasta« (lacht), er hat mich im Dezember überholt, seitdem hat er mehr Follower als ich.

Wie hast Du Instagram für Euch beide entdeckt?

S. M.: Das kam zusammen mit einem früheren Job, die haben gesagt, dass Instagram neu und toll ist. Anfangs dachte ich »Ach komm, das brauche ich nicht, es gibt doch Facebook«. Zunächst habe ich es nicht so ernst genommen. Aber in Kombination mit der Fotografie ist es eine tolle Gratis-Plattform, die ich nutzen kann. So habe ich angefangen, einfach mal zu machen und zu schauen wie es vorangeht.

Und das lief super?

S. M.: Ja, wir machen vieles aus dem Bauch heraus, ziemlich spontan. Keine Ahnung, woran es liegt, dass wir erfolgreich sind.

Wenn Du für neue Instagramler einen Tipp hast, wie würde der lauten?

S. M.: Tiere gehen grundsätzlich immer, aber wenn jemand heute neu auf Instagram anfängt, dann braucht es vor allem Geduld. Viele Menschen haben diese Geduld nicht. Außerdem braucht es einfach coolen Content (Inhalt). Es darf süß sein, es darf niedlich sein, ich persönlich finde, ein Tier sollte daran Spaß haben. Ich selbst stehe nicht auf diese total inszenierten Pulli-tragenden Hündchen. Ich mag die Tiere wie sie sind – so wie die Natur sie geschaffen hat. Ansonsten finde ich alles okay, was für das Tier gut ist und woran es Spaß hat. Dann sollte man regelmäßig posten. Die Leute, die einem folgen wollen regelmäßig informiert werden was passiert. Ich mache daher sehr viele Stories (hier Video-Clips und Fotostrecken) mit »Rasta«, die sind sehr erfolgreich und werden häufig angeschaut. Die werden sogar häufiger angesehen, als meine eigenen posts (Beiträge). Das Publikum will solche »Stars« auch im Alltag erleben. Deswegen empfehle ich Stories zu machen, die einen Blick hinter die Kulissen ermöglichen.

Wie sieht denn Dein Alltag mit »Rasta« aus?

S. M.: Wir haben zwei verschiedene Formen von Alltag. Der eine Alltag ist, wenn ich zu Hause bin. Ich reise dann nicht und mache gewisse Arbeiten, die man halt machen muss. Ich bezahle Rechnungen, mache Fotobearbeitung und gehe mit »Rasta« laufen. Bei schönem Wetter laufen wir zwei bis drei Stunden. Wenn nicht schlechtes Wetter ist, machen wir mehr Spieleinheiten und gehen nicht so lange raus. Der andere Alltag ist, wenn wir unterwegs sind. Das ist eigentlich die meiste Zeit. Wir sind dann unterwegs in den Bergen, in Hotels und wir machen Schneeschuhwanderungen. In dieser Zeit sind wir so richtig Influencer oder Petfluencer, unterwegs für die Natur und für unser Land (Schweiz). Das machen wir so oft wie möglich.

Ich nehme an »Rasta« hat seinen Spaß dabei?

S. M.: Ja, »Rasta« gefällt das super gut, wobei für ihn besonders wichtig ist, dass er bei der Familie ist, entweder bei mir oder bei meinem Mann. Die Hunde sind halt das Rudel gewöhnt. Er ist praktisch nie alleine und wenn, dann nur ein bis zwei Stunden. Ansonsten ist er immer mit einem von uns beiden unterwegs und ich glaube, das macht ihn sehr glücklich. Er hat immer die Nähe, ich glaube »Rasta« hat eines der schönsten Hundeleben der Welt (lacht). Das ist mir wichtig, ich möchte meinem Hund ein wirklich tolles Leben bieten.

Das sieht man in den Instagram-Stories sehr deutlich.

S. M.: Da habe ich ja auch eine Vorbildfunktion. Es gibt viele Hunde die kein so tolles Leben führen und vielleicht kann ich die Leute inspirieren im Sinne von: Schau mal, ein Hund ist was Tolles, aber der braucht seinen Auslauf, er braucht das Rudel, der sollte nicht lange allein sein. Ich hoffe, dass wir diese Botschaft vermitteln.