Happy new year – without any fear

09. Dezember 2022 — von Ramona Koppensteiner

Der Brauch der Silvesterknaller kommt ursprünglich aus China, das erste Feuerwerk in Deutschland fand im Jahr 1506 statt. So schön die bunten Farben am Himmel auch sind, so schrecklich sind die Geräusche für unsere Tiere. Aus diesem Grund bereiten wir Tierarztinnen unsere Praxis alljährlich auf Kunden vor, die ihre Vierbeiner in dieser Zeit unterstützen wollen. Ob Pheromone, pflanzliche Nahrungsergänzungen, Schulmedizin oder Entspannungstraining – all dies kann unseren Patienten und deren Besitzerinnen einen entspannten »Rutsch« ins neue Jahr bescheren. Vielleicht kommt euch eine der Praxisgeschichten bekannt vor.

Geschichten aus der Praxis

Wir alle kennen Geschichten aus der Praxis, an die wir uns wohl immer erinnern werden. Besonders um die Weihnachts- und Neujahrszeit kommt ein regelrechter Ansturm. Jeder möchte noch ein wunderwirkendes Beruhigungspräparat für sein Tier ergattern, fast so, als wäre Winterschlussverkauf. Die für viele Menschen besinnliche Weihnachtszeit ist für uns Tierärzt*innen meist der Beginn eines Operationsabonnements von Fremdkörpern aus verschluckten Engelshaar oder Lametta vom Christbaum bis hin zu Intoxikationen durch die aufgenommenen (zartbitter) Schokoladenkekse von Oma. Am Ende dieser stressigen Zeit freuen nicht nur wir uns, auf einen ruhigen Übergang ins neue Jahr, sondern auch unsere vierbeinigen Patienten. Um ihnen das zu ermöglichen, sind wir und unsere TFA’s bestens darauf vorbereitet, die Patientenbesitzer*innen optimal zu beraten. Vom vorsichtigen und stets vorbereiteten Patientenbesitzer bis hin zu “Last Minute" Besuchen spät abends. Unsere lieben Patientenbesitzer*innen, sie könnten nicht unterschiedlicher sein. Doch ist es nicht genau diese Abwechslung, die uns jeden Tag auch freudige Überraschungen beschert?

Typologie der Patientenbesitzer*innen im Neujahrswahn

  • Allzeit bereit – eine besonders akkurate Spezies. Sie bereiten sich schon in den lauen Frühlingsmonaten auf die bevorstehende Zeit der lauten Silvesterkracher vor und schaffen Platz für alle Präparate, die sie bis dahin bei uns finden können.

  • Alkohol ist die Lösung – auch diese noch nicht in Vergessenheit geratene Spezies findet alljährlich den weiten Weg in unsere Praxis, um sich zu vergewissern, ob ein oder zwei Bier für den ängstlichen vierbeinigen Begleiter an Silvester genehm sind.

  • Von Termin zu Termin – eine sehr engagierte Spezies, sie ziehen rastlos umher, um alle Vorbereitungen für den bevorstehenden harten Winter erledigen zu können. So eifrig sie auch sind, alle Jahre wieder vergessen sie das Sammeln der angstlösenden Präparate und suchen uns kurz vor knapp in der Praxis auf. Nun soll von uns ein schnell wirksames Elixier herbeigezaubert werden.

  • Aus der Kraft der Natur – dies ist eine alteingesessene Spezies, ihr wissen wird von Generation zu Generation weitergereicht. Daher kennen sich außergewöhnlich gut mit der pflanzlichen Heilkunst aus und beschaffen sich vorbildlich vor Einbruch der kalten Jahreszeit die passende phytotherapeutische Mischung bei uns.

  • Was mir hilft, hilft auch meinem Tier – diese familiäre Spezies beherzigt den über die Jahre weiter gereichten Familien Grundsatz, der besagt, nur Präparate, mit denen man vertraut ist, darf man verwenden. Sie sammeln in den Abendstunden bekannte Präparate aus geheimen Verstecken.

Silvester – Feuerwerk-Angst bei Tieren

Mittlerweile ist jeder zweite Hund betroffen und leidet an einer Geräuschangst. Dies betrifft vor allem Hunde vom ersten bis zum dritten Lebensjahr. Bei Hunden mit einer stark ausgeprägten Geräuschangst ist es auf lange Sicht ratsam, eine Therapie zu verfolgen. Sie kann gemeinsam mit dem/der Tierhalter*in in Form von systematischer Desensibilisierung, Gegenkonditionierung oder Entspannungstraining erfolgen. Studien zeigen, dass Geräuschangst durch gezieltes Training reduziert werden kann. Diese Art des Trainings ist zwar langwierig, zahlt sich aber aus. Auch Katzen, Großtieren im Stall sowie Heimtieren in Außenstallhaltung kann das Feuerwerk durchaus Angst einjagen. Katzen sollte man vorübergehend möglichst im Haus halten. Großtiere sind am besten von den Weiden in den Stall zu holen. Auch Heimtiere sollten, wenn möglich, vorübergehend an einem kühlen, dunklen Ort ins Haus geholt werden, bis die Silvesternacht vorbei ist. Generell ist es hilfreich, wenn man selbst Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt. Unsere Vierbeiner sind sehr empfindlich für Signale sozialer Art und nehmen unsere Stimmung auf. Ist man selbst gestresst, werden die Tiere ebenfalls unsicherer, bleibt man aber gelassen, wirkt sich das auch positiv auf das Tier aus. Da jedes Tier anders reagiert und sich die Angst auf unterschiedliche Art äußern kann, empfiehlt es sich, den Rat eines/er Tierärzt’in einzuholen und einen individuellen Anti-Angst-Plan erstellen zu lassen.

Um die Vierbeiner in der Silvesternacht zusätzlich zu unterstützen, haben wir hier eine Liste mit kurzfristigen Maßnahmen sowie Gassi-Runden-Empfehlungen für unsere Patientenbesitzer*innen zusammengestellt.

Kurzfristige Maßnahmen in der Silvesternacht

  • Gemeinsam– Tiere, die Angst haben, sollten nicht alleine gelassen werden.

  • Ablenkung – Hintergrundgeräusche wie das Radio oder der Fernseher können helfen, die Tiere von Außengeräuschen abzulenken.

  • Ruheräume – Einen Aufenthaltsort für Ihr Tier schaffen – am besten im ruhigsten Raum.

  • Schutz – »Calming Caps« oder »Mutt Muffs« können als Gehör- oder Sichtschutz unterstützend verwendet werden.

  • Angstlöser – CBD Öle und beruhigende Phytotherapeutika können Ihrem Tier helfen, ruhiger zu werden.

  • Rückzug – Bereiten Sie Ihrem Tier eine Versteckmöglichkeit vor. Hängen Sie zum Beispiel eine Decke über den Stuhl oder den Tisch.

Gassi-Runden zu Silvester

  • Leine– Halten Sie Ihre Hunde konsequent an der Leine. Es kommt immer wieder vor, dass Hunde vor Angst weglaufen.

  • Zeitplanung– Gehen Sie die letzte Runde deutlich vor dem Eintreten der Dämmerung, um etwaigen Feuerwerken zu entgehen.

  • Neujahr– Überreste, besonders in den Morgenstunden auf herumfliegende Glassplitter und Reste von Feuerwerkskörpern achten. Hier besteht Verletzungsgefahr.

Unterstützung für unsere Angstpatienten

Da unsere Patienten alle unterschiedlicher nicht sein könnten, ist es auch gut, dass es viele verschiedene Vorgehensweisen gibt, um individuell auf die Bedürfnisse unserer Vierbeiner eingehen zu können.

  • CBD und Hanfextrakte – Wirken sich positiv auf die Linderung von Angstzuständen und Unruhe aus.

  • Baldrian – Kann zur Beruhigung von ängstlichen, nervösen und unruhigen Tieren eingesetzt werden. Die Wirkung basiert teils auf der Hemmung des Abbaus von Neurotransmittern (GABA).

  • Johanniskraut – Die enthaltenen Wirkstoffe wie Hyperforin und Flavonoide führen zu einer Linderung nervöser Unruhe und wirken gleichzeitig stark stimmungsaufhellend.

  • Hopfenzapfen – Die enthaltenen Bitterstoffe Humulon/Lupuion, ätherische Öle und Flavonoide beruhigen die Psyche und haben einen schlaffördernden Effekt.

  • Pheromone – Entspannende Pheromone tragen positiv zum Wohlbefinden bei und helfen den Tieren dabei, in stressigen Situationen entspannt zu bleiben.

  • Diazepam – Gehört zur Gruppe der langwirksamen Benzodiazepine, es wirkt u. a. anxiolytisch, antikonvulsiv und sedierend.