Was für ein Pferdeleben – Andreas Trunk über Pferdehaltung und Fütterung

07. August 2019 — von Andreas Trunk

Welches Gefühl ist für Pferdehalter größer: das Glück oder die Verantwortung? In jedem Fall hat man ein besonderes Interesse daran, dass die Tiere rundum zufrieden sind. Dazu gehört einiges an Wissen, das über Grundsätzliches hinausgeht: Futter, Bewegung und Gesellschaft braucht natürlicherweise jedes Pferd.

Weidehaltung, Einzelbox, Laufstall – oder Offenstallkonzept?

Für uns auf dem Urlaubsreiterhof gibt es bei der Haltung zunächst nicht die eine, jederzeit richtige Antwort. Erfahrungsgemäß bringt jede Form Vor- und Nachteile. So ermöglichen zwar Weidehaltung, Offenställe und Aktivställe gemeinsame, freie Bewegung auf großer Fläche, und Heu steht meist jederzeit zur Verfügung. Was aber, wenn Pferde Probleme mit der Haltung im Offenstall haben? Aus Gesundheits- oder Altersgründen kann es manchmal besser sein, eine andere Form der Pferdehaltung zu wählen. So bietet die Einzelboxenhaltung dem Pferd einen Rückzugsort, und der Halter kann es individuell füttern. Klar ist aber auch, dass das Tier in der Bewegung sowie in seinen Sozialkontakten sehr eingeschränkt ist. Zusätzliche Paddock- oder Koppelzeiten mit Artgenossen sind daher für die Pferdegesundheit absolut notwendig. Schließlich führen schlechte Haltungsbedingungen, Langeweile oder Stress auch bei Pferden zu Verhaltensstörungen.

Für die Anforderungen auf unserem Urlaubsreiterhof entschieden wir uns für einen Mittelweg. Wir führen zum Beispiel Reitschulpferde, die unterschiedliche Leistungen erbringen. Das bedeutet dreierlei: Die Fütterung muss individuell steuerbar sein; die Pferde brauchen genügend Möglichkeiten zu Kontakten mit ihren Freunden; und drittens muss die Unterbringung praktisch für den Reitbetrieb sein – die Reiter müssen jederzeit sicher zum Pferd gelangen. Große Paddock-Boxen sind daher unsere Lösung. Die Pferde nutzen einen überdachten, mit Stroh eingestreuten Bereich zum Ausruhen sowie eine große Fläche mit viel Bewegungsfreiheit. Die Abgrenzungen zu den benachbarten Boxen sind nur halbhoch, sodass die Pferde ihre Köpfe zusammenstecken können. In Heuraufen gibt es rund um die Uhr Heu unter Heunetzen. Dazu hält zusätzliche Weide-/Paddockzeit in Gesellschaft die Pferde gesund und glücklich.

Futter: lange Fresspausen vermeiden

Als Lauftier bewegt sich ein Pferd normalerweise bis zu 18 Stunden am Tag. Kein Wunder also, dass es ein Dauerfresser ist, was der Mensch nicht ist (oder nicht sein sollte). In der Natur frisst das Pferd vorwiegend Gräser und Kräuter, aber auch Blätter, Rinden und Zweige. Eine Fresspause, egal ob tags oder nachts, ist selten länger als 2 – 3 Stunden. Der relativ kleine Magen produziert ständig Magensäure und diese benötigt etwas zu tun. Bei der herkömmlichen Fütterung mit 2 – 3 Mahlzeiten kommt es vor allem nachts zu langen Nüchternzeiten. Dieses bedeutet für den Dauerfresser viel Stress. Das Kaubedürfnis kann nicht gedeckt werden, die Magensäure hat keine Nahrung zu verarbeiten und belastet dann den Magen.

Raufutter: Grundlage der Pferdefütterung

Das Verdauungssystem von Pferden braucht beständig Raufutter, das lebenswichtige Proteine und Energie liefert. Die unverdaulichen Bestandteile in der pflanzlichen Nahrung, die Rohfasern, sichern darüber hinaus eine gesunde Darmaktivität. Auf unserem Hof hat es sich als sinnvoll erwiesen, nicht an qualitativ hochwertigem Heu zu sparen. So haben wir unser Pferdefutter komplett auf Bio umgestellt. Die Pferde bekommen in großen Netzen qualitativ hochwertiges Heu, das rund um die Uhr zur Verfügung steht. Übrigens kann man Pferdeheu selber sehen, fühlen und riechen: Blassgrün im Aussehen duftet es typischerweise nach trockenen Graskräutern. Es ist nicht zu fein/kurzhalmig und weist weder Erde noch Schimmel auf. Das Stroh, mit dem wir die Boxen einstreuen, wird auch gerne geknabbert und dient als Raufutter.

Kraftfutter: Haupt-Energiezufuhr, wenn nötig

Der Bedarf an Kraftfutter hängt von der Leistung des Pferdes ab. Man unterscheidet in Erhaltungsbedarf, leichter, mittlerer oder schwerer Arbeit. Ein Pferd im gehobenen Turniersport zum Beispiel leistet schwere Arbeit. Pferde mit reinem Erhaltungsbedarf benötigen dagegen nicht zwingend Kraftfutter. Unsere sehr gute Raufutterqualität deckt alle lebenswichtigen Nährstoffe und Mineralien ab. Das gängigste Kraftfutter ist der sehr gut verdauliche Hafer. Er liefert viel Energie und Eiweiß, welches schnell aufgenommen werden kann. Auf unserem Hof wird der Bio-Hafer mit Bio-Öl gemischt, das zusätzliche Mineralstoffe liefert und zur Verbesserung von Fell, Haut- und Hufstruktur beitragen kann. Alternativen zum Hafer sind die schwerer verdaulichen Getreidesorten Gerste oder Mais – sie müssen vor dem Füttern aufgeschlossen werden. Weizen und Roggen sind hingegen ungeeignet. Der zu hohe Anteil an Klebereiweißen (dickdarmunverdauliche Stärke) kann zu Koliken führen. Da wir Pferde lieben und auf unserem Hof Reitsport, Urlaub und Seminare anbieten, ist das Tierwohl ebenso unser Kernanliegen wie zufriedene Gäste. Weshalb bei uns der Grundsatz gilt: »Glückliche Pferde – glückliche Menschen«.

Andreas Trunk bietet mit seiner Familie in Igersheim (Main-Tauber-Kreis) Erlebnisse mit und rund ums Pferd: Reitschule, Ferienwohnungen, Feiern und Seminare. urlaubsreiterhof.de